11. April 2012

Amtswegige Enthebung einer gerichtlich bestellten Sacheinlagenprüferin (§ 6a Abs 4 GmbHG, § 25 AktG)

Mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes wurde - noch im Vorfeld der Anmeldung einer neu gegründeten GmbH – eine vom Gründungsgesellschafter vorgeschlagene Wirtschaftsprüfungs-GmbH gemäß § 6a Abs 4 GmbHG iVm § 25 AktG zur Sacheinlagenprüferin bestellt.

Mit dem am 2.4.2012 eingelangten Antrag wird die neu gegründete GmbH durch den geschäftsführenden Alleingesellschafter zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet. Das Stammkapital von € 1.020.000 wird im Betrag von € 1.015.200 durch Einbringung von Liegenschaftsanteilen des Alleingesellschafters aufgebracht.

Neben anderen Unterlagen wurde der Bericht über die Gründungsprüfung durch die bestellte Sacheinlagenprüferin vorgelegt. Darin bestätigt die Prüferin, dass
  • die Angaben des Gründungsgesellschafters über die Übernahme der Stammeinlagen, die Einlagen auf das Stammkapital und über die Sacheinlagen richtig und vollständig sind,
  • die für die eingelegten Gegenstände gewährten Leistungen in Form der Stammanteile angemessen sind,
  • für Rechnung des Geschäftsführers Stammeinlagen nach Maßgabe des von einem unabhängigen Dritten erstellten Gutachtens übernommen wurden, dadurch eine sachgerechte Bewertung gewährleistet ist und die Geschäftsführung keinen darüber hinausgehenden Vorteil, Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung erhalten hat,
  • die Angaben im Gründungsprüfungsbericht der Geschäftsführung richtig und vollständig sind.
Teil des Prüfungsberichts ist außerdem folgender „Disclaimer“:

Unsere Stellungnahme wurde mit der notwendigen Sorgfalt auf Basis der von Ihnen erteilten Informationen erstellt. Wenn Grund zur Annahme besteht, dass wir nicht über alle relevanten Daten verfügen oder einzelne Sachverhaltselemente missverstanden haben, bitten wir Sie, uns umgehend zu informieren, damit wir die zusätzlichen Informationen analysieren und unsere Stellungnahme entsprechend adaptieren können.


Die vorstehende unternehmensrechtliche Beurteilung setzt voraus, dass dem Sachverhalt fremdübliche Vereinbarungen zugrunde liegen und kein Missbrauch vorliegt. Unsere Stellungnahme basiert auf der derzeitigen Gesetzeslage, der herrschenden Verwaltungspraxis sowie der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass mögliche Änderungen in der Gesetzgebung, in der Rechtsprechung oder von Richtlinien und Erlässen der österreichischen Finanzverwaltung Auswirkungen auf die dargestellten Sachverhalte haben.

Die Ausarbeitung wurde im Auftrag von Herrn Mag. R** K** (Anm.: Alleingesellschafter) erstellt. Für unsere Aufträge und unsere Verantwortlichkeit, auch gegenüber Dritten, falls eine solche besteht, gelten die Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhandberufe, empfohlen vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Dieser „Disclaimer“ im Prüfungsbericht führte zur amtswegigen Enthebung der gerichtlich bestellten Sacheinlagenprüferin, und zwar aus folgenden Gründen:

Gem § 6a Abs 4 GmbHG sind im Fall einer Sachgründung die §§ 20, 24 - 27, 29 Abs 2 u 4, 39 -44 sowie 25 Abs 4 AktG sinngemäß anzuwenden. Der externe Gründungsprüfer ist somit gem § 25 Abs 3 AktG – anders als Prüfer für eine Sonderprüfung (§ 130) und Abschlussprüfer (§ 270 UGB) – ausschließlich vom Gericht zu bestellen (Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG I § 25 Rz 9). Die Tätigkeit des Gründungsprüfers beruht also nicht auf einem Vertragsverhältnis zur Vorgesellschaft, sondern auf der Bestellung durch das Gericht. Im Unterschied zum Abschlussprüfer ist der Gründungsprüfer auch nicht Organ der Gesellschaft, sondern nimmt ein öffentliches Amt wahr. Zur Begründung seiner Befugnisse ist daher auch kein spezieller Vertrag zwischen Gründungsprüfer und Gesellschaft erforderlich (Heidinger/Schneider aaO § 25 Rz 21), sondern vielmehr undenkbar.

Der „Disclaimer“ will (1) eine Haftungsbeschränkung der Prüferin verankern und legt offen, dass (2) die Ausarbeitung im Auftrag von Herrn Mag. R** K** erstellt wurde.

Gem § 42 AktG gilt für die Ersatzpflicht des Gründungsprüfers (und damit gem § 6a Abs 4 GmbHG auch des Sacheinlagenprüfers) § 275 Abs 1 - 4 UGB sinngemäß. Demnach ist der Abschlussprüfer zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet und im Fall der vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 275 Abs 2 UGB). Gegenüber Dritten wird jedenfalls nach deliktischen Grundsätzen gehaftet, wobei die Judikatur den Bestellungsvertrag mit dem Abschlussprüfer auch schon als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter qualifiziert hat (OGH 5 Ob 262/01t). Unstrittig ist damit, dass sich die Haftung des gerichtlich bestellten Sacheinlagenprüfers nach dieser Norm richtet, wobei eine allfällige Ersatzpflicht gem § 275 Abs 4 UGB durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden kann. Der entsprechende „Disclaimer“ im Prüfungsbericht verkennt also die Rechtslage.

Die Ernennung zum Gründungsprüfer kann – in analoger Anwendung des § 270 Abs 3 UGB - nur durch das zuständige Firmenbuchgericht aus wichtigem Grund widerrufen werden. Das gerichtliche Enthebungsverfahren kann dabei auch von Amts wegen eingeleitet werden (Heidinger/Schneider aaO § 25 Rz 11; Ettel in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 25 Rz 19).

Gem § 270 Abs 3 Satz 1 UGB hat das zuständige Handelsgericht, wenn dies aus einem in der Person des Abschlussprüfers liegenden wichtigen Grund geboten erscheint, auf Antrag den wirksam bestellten Abschlussprüfer durch einen anderen Abschlussprüfer zu ersetzen. In der Person des Abschlussprüfers liegende wichtige Gründe sind nicht nur Befangenheits- und Ausschlussgründe gem §§ 271 ff, sondern auch alle anderen erdenklichen und prüfungsrelevanten Gründe (Völkl in Straube, UGB II/RLG § 270 Rz 31 u 32).

Gründungsprüfer sind als Sachverständige anzusehen. Das Firmenbuchgericht hat daher eine bestimmte Person dann nicht als Gründungsprüfer zu bestellen, wenn ein zureichender Grund vorliegt, deren Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (Heidinger/Schneider aaO § 25 Rz 17). Die Änderung der Bestellungsentscheidung ist dabei auch im Falle des Vorliegens von nova reperta möglich, auch die materielle Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses steht dem nicht entgegen (Heidinger/Schneider aaO § 25 Rz 19).

Im Falle einer gerichtlichen Bestellung eines Sachverständigen würde nicht einmal ansatzweise in Zweifel gezogen, dass ein bestellter Sachverständiger wegen Befangenheit zu entheben ist, falls sich herausstellen sollte, dass ihm im Vorfeld der Bestellung von einer am Verfahren beteiligten Partei der Auftrag zur Gutachtenserstellung erteilt worden ist. Im konkreten Fall hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausdrücklich offen gelegt, dass sie nicht als unabhängige, vom Gericht bestellte Prüferin tätig geworden ist, sondern im Auftrag des Gründungsgesellschafters.

Der bestellten Prüferin mangelt es also zum einen am Bewusstsein, dass sie im Rahmen einer gerichtlichen Bestellung (öffentliches Amt) tätig zu werden hatte und hat. Zum anderen war und ist sie offensichtlich nicht in Kenntnis der einschlägigen Normen bezüglich ihrer damit verbundenen Verantwortlichkeit und Haftung (der „Disclaimer“ kann nur so interpretiert werden).

Die offen an den Tag gelegte Unkenntnis der mit einer Bestellung als Gründungs(Sacheinlagen)prüferin verbundenen Verantwortlichkeit (§ 42 AktG, § 275 Abs 1 – 4 UGB) und die offensichtlich erfolgte Auftragserteilung durch den Gründungsgesellschafter zur Erstellung des Prüfberichtes müssen daher in der Gesamtschau zur amtswegig vorzunehmenden Enthebung dieser Prüferin führen. Gleichzeitig war eine vom Gericht ausgewählte unabhängige Sacheinlagenprüferin zu bestellen.

Damit erübrigt sich auch eine nähere Befassung mit dem Teil des Prüfberichts, der ausführt, „dass die für die eingelegten Gegenstände gewährten Leistungen in Form der Stammanteile angemessen sind“.
Festzuhalten ist allerdings:
Gemäß § 26 Abs 1 Z 2 AktG muss sich die Prüfung darauf erstrecken, ob der Wert der Sacheinlagen den Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. Damit soll die reale Kapitalaufbringung der Gesellschaft gewährleistet und die materielle Richtigkeit der Kapitaleinlage abgesichert werden. Gegenstand der Sacheinlagenprüfung ist, ob der Ausgabebetrag der Aktien durch den Wert der Sacheinlage gedeckt ist (ecolex 2006/240; Heidinger/Schneider aaO § 26 Rz 5).

Für den konkreten Fall bedeutet dies (§ 6a Abs 4 GmbHG), dass der Prüfungsbericht zu bestätigen hat, dass der Wert der eingebrachten Liegenschaftsanteile den Betrag der dafür gewährten Stammeinlagen erreicht. Die Prüfung zielt also nicht darauf ab, ob die Stammanteilsgewährung als Gegenleistung für die eingelegten Liegenschaftsanteile angemessen ist. Die konkrete Prüfungsaussage der Sacheinlagenprüferin entspricht also nicht den Anforderungen des § 26 Abs 1 Z 2 AktG.

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